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Rechtsprechung zur Corona-Entschädigung

PKF WMS Rechtstipp – Juli 2023

Seit 2020 können Arbeitgeber Erstattungsanträge bzgl. Verdienstausfallschäden stellen, die Arbeitnehmer durch eine Absonderung in Quarantäne erlitten haben. Da Behörden die Auszahlung mitunter verweigerten, erhoben benachteiligte Antragsteller Klage. Dazu liegen nun erste Entscheidungen vor.

1. Hintergrund

Sofern ein Arbeitnehmer in Quarantäne abgesondert wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, kann der Arbeitnehmer Entschädigung verlangen. Dazu muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zunächst die Entschädigung zahlen und dann die Erstattung beantragen. Teilweise wurde die Erstattung mit der Begründung abgelehnt, dass der Verdienstausfall nicht entstanden sei, weil Arbeitnehmer dafür einen Ersatzanspruch gehabt hätten. Darüber wurde vor dem Verwaltungsgericht gestritten.

 

2. Vorliegen eines Verdienstausfalls

Grundsätzlich gilt: „Ohne Arbeit kein Lohn“ – wer keine Arbeitsleistung erbringt, hat keinen Anspruch auf Vergütung. Hiervon gibt es Ausnahmen, in denen der Arbeitnehmer Anspruch auf Verdienst hat, obwohl er nicht arbeiten kann. Das gilt z.B. bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Entschädigungsanspruch aus dem IfSG greift dann nicht, weil der Verdienst für den Arbeitnehmer nicht ausfällt, sondern ersetzt wird.

Auch § 616 S. 1 BGB stellt eine Ausnahme vom o.g. Grundsatz dar. Danach behält ein Arbeitnehmer den Vergütungsanspruch, wenn er „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert“ ist. In den Klagen ging es also darum, ob die Voraussetzungen von § 616 BGB vorliegen, und deshalb ein Vergütungsanspruch der Arbeitnehmer besteht (die Behörde also nichts erstatten muss), oder ob der Verdienst ausbleibt und ersetzt werden muss, weil § 616 BGB nicht anzuwenden ist.

Der „in seiner Person liegende Grund“ liegt bei einer Absonderung im individuellen Ansteckungsrisiko, welches die Arbeitnehmer i.d.R. ohne ihr Verschulden trugen. Kernfrage war, welche Fehlzeiten i. S. d. Vorschrift als nicht erheblich gelten. Diskutiert wurden Zeiträume von wenigen Tagen bis zu sechs Wochen.

 

3. Erstinstanzliche Entscheidungen

Nun liegen erste Entscheidungen vor (VG Münster, Urteile v. 1.12.2022, Az.:5a K 92/22, 5a K 165/22 etc.). Das Gericht entschied, dass eine 12tägige Absonderung nicht als unerhebliche Zeit gelte, so dass die Voraussetzungen von § 616 BGB nicht vorlagen. Der Verdienstausfall war somit zu entschädigen. Aufgrund derzeitiger Berufungsverfahren ist offen, ob die Berufungsinstanz die Entscheidungen bestätigt.

 

4. Empfehlung

Arbeitgeber sollten in ihren Arbeitsverträgen darauf achten, dass § 616 Satz 1 BGB für Absonderungsverfügungen vertraglich wirksam ausgeschlossen ist.

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