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Vorsteuerabzug und Vorsteuerberichtigung bei Immobilien

Voraussetzungen der Inanspruchnahme bzw. der Berichtigung

Die Frage des Vorsteuerabzugs stellt einen wichtigen finanziellen Aspekt bei einer Immobilieninvestition dar, denn ein Scheitern kostet 19 Prozentpunkte Umsatzsteuer auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten, also bei hohen Grundstückswerten schnell sehr beträchtliche Summen. Vor diesem Hintergrund ist der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs hohe Aufmerksamkeit zu widmen.

Verwendung für unternehmerische Zwecke

Der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb einer Immobilie setzt neben den formalen Erfordernissen voraus, dass die Immobilie für unternehmerische Zwecke verwendet wird. Maßgeblich ist, welche Verwendungsabsicht der Leistungsempfänger, also der Erwerber oder Hersteller der Immobilie, bereits zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs getroffen hat. Der Umfang des ursprünglich entstandenen Vorsteuerabzugsrechts darf grundsätzlich nicht rückwirkend geändert werden. Weicht die tatsächliche Verwendung in einem folgenden Besteuerungszeitraum von der beabsichtigten Verwendung ab, muss eine Vorsteuerberichtigung (§ 15a UStG) erfolgen.

Zuordnung unternehmerisch genutzter Immobilien

Ausschließlich unternehmerisch genutzte Immobilien zählen zum Unternehmensvermögen. Ausschließlich nicht-unternehmerisch genutzte Gegenstände können kein Unternehmensvermögen sein, d.h. nicht dem unternehmerischen Bereich zugeordnet werden. Nicht unternehmerisch genutzt werden beispielsweise die Flächen einer Privatwohnung. Darauf sollte bereits bei der Projektierung geachtet werden.

Bei Immobilien, die sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch (privat) verwendet werden, kann der Unternehmer (Erwerber) das Grundstück insgesamt seinem unternehmerischen Bereich zuordnen, wenn es zumindest zu 10% unternehmerisch genutzt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Erreicht der Umfang der unternehmerischen Verwendung eines einheitlichen Gegenstands nicht mindestens 10% (sog. unternehmerische Mindestnutzung), gilt ein Zuordnungsverbot (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Dabei ist grundsätzlich vom Verhältnis der unterschiedlich genutzten Flächen auszugehen. Nicht mit dem Gebäude zusammenhängende Bauwerke auf demselben Grundstück sind dabei selbständig zu beurteilen (z.B. freistehende Garagen, Carports und sonstige Fahrzeugabstellplätze, Gartenhäuser). Die Grundflächen dieser Bauwerke sind beim Gebäude nicht zu berücksichtigen.

Insgesamt gesehen gelten für die Zuordnung der Leistungen zu den vorsteuerabzugsberechtigten Leistungen folgende Grundregeln:

  • Wird eine Leistung, z.B. ein Grundstückserwerb, ausschließlich für unternehmerische Tätigkeiten bezogen, ist sie vollständig dem Unternehmen zuzuordnen (Zuordnungsgebot). 
  • Bei einer Leistung, die ausschließlich für nichtunternehmerische Tätigkeiten bezogen wird, ist eine Zuordnung zum Unternehmen hingegen ausgeschlossen (Zuordnungsverbot). 
  • Beabsichtigt der Unternehmer, eine Immobilie sowohl für die unternehmerische als auch die nichtunternehmerische Tätigkeit zu verwenden (sog. teilunternehmerische Verwendung), gilt ein Zuordnungswahlrecht. 

Allerdings wird der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 b UStG bei gemischt genutzten Grundstücken eingeschränkt. Vorsteuerbeträge können demnach auch bei einer vollständigen Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen nur noch in Höhe der Verwendung zu unternehmerischen Zwecken abgezogen werden. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln (§ 15 Abs. 4 UStG). 

Hinweis: Der Vorteil der vollständigen Zuordnung zum Unternehmen trotz gemischter Nutzung besteht darin, dass bei einer späteren Ausdehnung der unternehmerischen Nutzung weitere Vorsteuerbeträge aus der Anschaffung/Herstellung innerhalb des 10-Jahreszeitraums gem. § 15 a UStG im Rahmen einer Vorsteuerberichtigung geltend gemacht werden können (s. dazu noch nachfolgend).

Vorsteueraufteilung

Nach der Zuordnung zum unternehmerischen Bereich ist zunächst zu prüfen, ob steuerfreie oder steuerpflichtige Ausgangsumsätze getätigt werden. Wenn beides vorliegt (gemischte Verwendung) ist nach Auffassung der Finanzverwaltung die Vorsteuer i.d.R. nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel aufzuteilen. 

Beispiel: In einem vermieteten Objekt befindet sich im Erdgeschoss auf einer Fläche von 200 qm eine Rechtsanwaltskanzlei (steuerpflichtig) und im 1. OG auf einer Fläche von 100 qm eine Arztpraxis (steuerfrei). Damit sind 2/3 der Vorsteuer abzugsfähig.

Der objektbezogene Flächenschlüssel ist nach Auffassung des BFH nicht immer der richtige Maßstab, immerhin kann nach § 15 Abs. 4 UStG der Steuerpflichtige selbst eine sachgerechte Schätzung vornehmen. Ein Flächenschlüssel ist u.U. dann nicht sachgerecht, wenn die Nutzflächen nicht miteinander vergleichbar sind. Das ist der Fall, wenn die Ausstattungen von unterschiedlichen Zwecken dienenden Räumen erhebliche Unterschiede aufweisen, z.B. Höhe der Räume, Dicke der Wände und Decken, Innenausstattung. 

Kommt die Flächenaufteilung demnach nicht in Betracht, sieht die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie die Aufteilung nach Umsatzerlösen vor. Die Finanzverwaltung lehnt dagegen häufig eine Aufteilung des Vorsteuerabzugs nach den objektbezogenen Umsätzen oder den Gesamtumsätzen des Unternehmens ab. Sie rechtfertigt diese Praxis u.a. mit dem Argument, dass der Flächenschlüssel regelmäßig eine präzisere, konstantere Aufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden ermöglicht. 

Hinweis: Weitere Vorsteueraufteilungsmaßstäbe sind bei sachgerechter Einschätzung des Steuerpflichtigen grundsätzlich denkbar.

Vorsteuerberichtigung bei Änderung der maßgeblichen Verhältnisse

Die mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Gebäudes zusammenhängenden Vorsteuern unterliegen u.U. einer späteren Korrektur des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG. Nach Zuordnung der Immobilie zum unternehmerischen Bereich und der erstmaligen Vorsteueraufteilung ist daher fortlaufend zu überprüfen, ob eine Änderung der zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs maßgeblichen Verhältnisse eingetreten ist. Ist das bei einer Immobilie innerhalb von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung der Fall, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge nach § 15a UStG vorzunehmen. 

Beispiel: Eine Berichtigung der Vorsteuer ist erforderlich, wenn einzelne Flächen der Immobilie innerhalb von zehn Jahren von einer unternehmerischen zu einer nicht-unternehmerischen Verwendung bzw. von steuerpflichtig zu steuerfrei wechseln. 

Keine Berichtigung bei Leerstand und Umbau

Steht ein Gebäude zunächst leer und wurde aus der Anschaffung/Herstellung ein Vorsteuerabzug geltend gemacht, tritt dadurch noch keine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verwendungsverhältnisse ein, da weiterhin auf die ursprünglich beabsichtigte Nutzung abzustellen ist. 

Umbaumaßnahmen führen für sich genommen nicht zu Berichtigungen. Es können jedoch eigenständige Berichtigungsobjekte entstehen, für die die vorgenannten Grundsätze jeweils separat Anwendung finden.

Hinweis: Für den Fall der Geschäftsveräußerung im Ganzen verweisen wir auf den folgenden Beitrag.

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