Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Vorsteuerabzug trotz unentgeltlicher Zuwendung

Grundsätzlich können Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene, gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für ihr Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Kein Anspruch auf den Vorsteuerabzug besteht, wenn die Eingangsleistungen in der Absicht bezogen wurden, sie für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit (z.B. unentgeltliche Lieferung) zu verwenden (notwendiger Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung). Andererseits sind bisher unentgeltliche Zuwendungen mittels Annahme einer unentgeltlichen Wertabgabe zu versteuern. Auf der Basis neuer EuGH- und BFH-Rechtsprechung ist diese Sichtweise nun überholt.

EuGH-Stellungnahme zum Vorsteuerabzug

Wenn ein Unternehmen im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit eine unentgeltliche Lieferung oder sonstige Leistung erbringt, kann u.U. der Vorsteuerabzug für die damit verbundene Eingangsleistung gewährt werden. Dies hat der EuGH mit Urteil vom 16.9.2020 (C-528/19) entschieden, wobei es darauf ankommt, die konkreten Umstände im jeweiligen Fall genau zu untersuchen: Für den Vorsteuerabzug ist insbesondere entscheidend, dass

  • die bezogene Eingangsleistung nicht über das hin-ausgeht, was erforderlich/unerlässlich ist, um diesen Zweck zu erfüllen,
  • die Kosten der Eingangsleistung (kalkulatorisch) im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind und
  • der Vorteil des Dritten (z.B. der Allgemeinheit) allen-falls nebensächlich ist.

Weiterhin hat der EuGH in seinem o.g. Urteil vom 16.9.2020 vorgegeben, dass die nationale Regelung bzgl. der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe unionsrechtskonform einschränkend auszulegen und diese Besteuerung folglich zu unterlassen ist.

Geänderte Rechtsprechung des BFH

Der BFH hatte nachfolgend zu entscheiden, ob ein Unternehmer vorsteuerabzugsberechtigt ist, wenn er zuerst eine öffentliche Straße als Zugang zur Abbruchstelle errichten muss, um seiner unternehmerischen Tätigkeit (Kalksteinbruch) nachgehen zu können. Da die Errichtung der Straße im ganz überwiegenden unternehmerischen Interesse des Unternehmers erfolgte und letztendlich zu umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätzen führte, folgte der BFH mit seinem Urteil vom 16.12.2020 (Az.: XI R 26/20 (XI R 28/17)) der Vorlageentscheidung des EuGH; entsprechend reicht ein mittelbarer Zusammenhang der Eingangsumsätze für die Vorsteuerabzugsberechtigung aus. 

Des Weiteren entfällt dem BFH zufolge in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe, da die Aufwendungen für den Straßenbau Kostenelemente der Ausgangsumsätze sind. Darüber hinaus überlagern die eigenen wirtschaftlichen Interessen die Interessen des Dritten (hier der Allgemeinheit), der u.U. ebenfalls einen Vorteil daraus zieht, weitgehend.

Hinweis: Die dem EuGH folgende, geänderte BFH-Rechtsprechung ist insbesondere für solche Unternehmen praxisrelevant, die Eingangsleistungen erbringen, die unmittelbar zu unentgeltlichen Zuwendungen an Dritte führen. So kann z.B. vor allem die Übernahme von Erschließungsmaßnahmen einerseits zum vollen Vorsteuerabzug berechtigen und andererseits auf der Ausgangsseite keine Steuerpflicht hervorrufen.

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang