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Umsetzung der europäischen Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD) vorerst gestoppt

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 10.12.2019 einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz) veröffentlicht. Dieser sieht eine Umsetzung der ATAD und die Reformierung der Hinzurechnungsbesteuerung vor. Der für den 18.12.2019 vorgesehene Kabinettsbeschluss wurde jedoch vorerst zurückgestellt.

Wesentliche Inhalte des Referentenentwurfs im Überblick

Der Referentenentwurf beinhaltet eine weitere Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2016/1164):

(1) Zum einen werden die europäischen Vorgaben zur Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung mit Art. 5 ATAD sowie zur Bekämpfung hybrider Gestaltungen in das deutsche Recht mit Art. 9 und 9b umgesetzt Die Umsetzung des Art. 5 ATAD erfolgt durch Änderungen der §§ 4, 4g, 6 und 36 Abs. 5 ESTG-E sowie mit § 12 KStG-E und § 6 AStG-E. Die Regelungen gem. Art. 9 und 9b werden im neuen § 4k EStG-E verankert. Grundsätzlich orientiert sich das Konzept am Mindeststandard der ATAD.

(2) Zum anderen soll die Hinzurechnungsbesteuerung reformiert und zeitgemäß sowie rechtssicher ausgestaltet werden (Art. 7, 8 ATAD). Diese Änderungen werden in den §§ 7 ff. AStG-E umgesetzt.

Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung

Art. 5 ATAD verpflichtet die Mitgliedstaaten zunächst zur Aufdeckung und (auf Antrag ratierlichen) Besteuerung stiller Reserven bei der grenzüberschreitenden Überführung von Wirtschaftsgütern, der Verlagerung von Betrieben oder dem Wegzug von Körperschaften (sog. Entstrickungsbesteuerung). Im Fall der Überführung von Wirtschaftsgütern ins Inland oder bei Zuzug von Körperschaften sind die bei der ausländischen Entstrickungsbesteuerung angesetzten Werte anzuerkennen, sofern diese dem Marktwert entsprechen (sog. Verstrickung).

Ferner ist eine Verschärfung der Wegzugsbesteuerung für unbeschränkt steuerpflichtige Personen vorgesehen. So wird die Veräußerungsgewinnbesteuerung unabhängig davon, in welches Land der Steuerpflichtige zieht, ausgelöst. Hierbei können die Besteuerungsfolgen über sieben Jahre gestreckt werden.

Hybride Gestaltungen und Inkongruenzen bei der Ansässigkeit

Nach Art. 9 und 9b ATAD sollen Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, steuerliche Vorteile (z.B. doppelte Nichtbesteuerung oder doppelte Berücksichtigung von Aufwendungen) infolge unterschiedlicher Beurteilung in verschiedenen Staaten zu neutralisieren. Es soll sichergestellt werden, dass

  • Zahlungen, die beim Schuldner grundsätzlich als Betriebsausgaben abziehbar sind, beim Gläubiger besteuert werden;
  • Aufwendungen in einem anderen Staat nur dann abgezogen werden können, wenn diesen Aufwendungen Erträge gegenüberstehen;
  • abzugsfähige Aufwendungen und die entsprechenden Erträge zu einer Besteuerungskongruenz in anderen Staaten führen.

Reform der Hinzurechnungsbesteuerung

Die Reform der Hinzurechnungsbesteuerung durch die Art. 7 und 8 ATAD enthält wesentliche Änderungen der bereits bestehenden deutschen Hinzurechnungsbesteuerung. Geplant sind u.a. folgende Maßnahmen:

(1) Anpassung des Beherrschungskriteriums: Hiermit erfolgt eine Abkehr von der Inländerbeherrschung hin zu einer gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise. So liegt eine Beherrschung vor, wenn dem Gesellschafter allein oder gemeinsam mit ihm nahestehenden Personen mehr als die Hälfte der Anteile, Stimmrechte, des Kapitals oder des Gewinnanspruchs zuzurechnen sind. Das Beherrschungskonzept lässt das bislang in § 14 AStG geregelte Konzept der übertragenden Hinzurechnung entfallen.

(2) Definition schädlicher Einkünfte: Für diese wird der Aktivkatalog beibehalten. Der Entwurf sieht eine Ausdehnung der schädlichen Mitwirkung bei Handels- und Dienstleistungsgesellschaften auf in der EU/EWR steuerpflichtige Personen vor.

(3) Gewinnausschüttungen werden weiterhin als aktive Einkünfte qualifiziert, womit der in § 8b KStG verankerten Systematik Rechnung getragen wird. Allerdings sollen Gewinnausschüttungen aus Streubesitz sowie solche, die das Einkommen der leistenden Körperschaft mindern, als passive Einkünfte gelten. Zur Vermeidung von Doppelbelastungen wird bei Gewinnausschüttungen ein Kürzungsbetrag eingeführt (§ 11 AStG-E).

(4) Keine phasenverschobene Zurechnung: Künftig fließt der Hinzurechnungsbetrag mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der Zwischengesellschaft zu und nicht mehr in der logischen Sekunde danach.

(5) Vermeidung der Doppelbesteuerung:  Hierzu sieht der Entwurf nur noch die Anrechnungsmethode vor, die Abzugsmethode entfällt. Weiterhin ist keine Anrechnung auf die Gewerbesteuer vorgesehen. Der Hinzurechnungsbetrag bleibt jedoch weiterhin gewerbesteuerpflichtig.

(6) Die Schwelle zur Niedrigbesteuerung soll unverändert bei 25% liegen.

Ausblick: Der Vollzug des Referentenentwurfs (RefE) wird nicht wie ursprünglich vorgesehen zum 1.1.2020 beginnen, da das Gesetzgebungsverfahren zunächst gestoppt wurde. Derzeit bleibt abzuwarten, inwieweit sich der vorliegende RefE im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch verändern wird. Insbesondere ist noch unklar, ob es zu einer geringeren Niedrigbesteuerungsgrenze kommen wird, die gem. RefE wie bisher bei 25% liegen soll. Im Gespräch ist hier auch eine Anlehnung an den Körperschaftsteuersatz von 15%. Über die weitere Umsetzung des Gesetzgebungsverfahrens werden wir Sie auf dem Laufenden halten.

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