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Ukraine-Hilfen auch außerhalb der eigenen Satzungszwecke

Was müssen Stiftungen, Vereine und gGmbH beachten?

Stiftungen und Vereine sind Teil der Zivilgesellschaft und wollen in Notsituationen oft auch dann Hilfe leisten, wenn sie andere als humanitäre Satzungszwecke im engeren Sinne haben. Aktuell gibt es unzählige Beispiele unmittelbarer und mittelbarer Hilfeleistungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Trotz Erleichterungen des Steuerrechts bleiben Vorgaben des Zivilrechts bestehen.

BMF-Schreiben zu steuerlichen Unterstützungsmaßnahmen

Die Finanzverwaltung hat sich mit einem BMF-Schreiben vom 17.3.2022 (Az.: VI C 4 - S 2223/19/10003:013) in die große Zahl derjenigen eingereiht, die etwas tun wollen, um das große Leid zu mindern, das der Ukraine-Krieg verursacht. Rückwirkend für die Zeit ab 24.2.2022 und befristet bis 31.12.2022 unterstützt sie das gesamtgesellschaftliche Engagement durch eine ganze Reihe von Abweichungen von den normalen Regeln des Gemeinnützigkeitsrechts und der Einzelsteuergesetze. Das achtseitige, unter www.bundesfinanzministerium.de abrufbare Schreiben enthält Erleichterungen wie folgt:

  • zum Spendennachweis (Abschn. I.1),
  • zu Spendensammelaktionen von steuerbegünstigten Einrichtungen außerhalb der eigenen Satzungszwecke (Abschn. I.2),
  • zur Verwendung von eigenen Mitteln außerhalb der Satzungszwecke (Abschn. II),
  • zur Zweckbetriebseigenschaft der Unterbringung usw. von Kriegsflüchtigen durch steuerbegünstigte Körperschaften (Abschn. III.1) und zu Zuordnungsfragen bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR, Abschn. III.2),
  • zu Zuwendungen aus Betriebsvermögen als Betriebsausgaben (Abschn. IV),
  • zu Spenden von Arbeitslohn (Abschn. V) und Aufsichtsratsvergütungen (Abschn. VI),
  • zu diversen umsatzsteuerlichen Erleichterungen (Abschn. VII.1 bis VII.5),
  • zu Schenkungsteuerbefreiungen (Abschn. VIII). (Vgl. zu näheren Erläuterungen den vorherigen Beitrag)

Steuerliche Erleichterungen greifen nicht automatisch auch stiftungsrechtlich

Ebenso wichtig wie das Steuerrecht sind jedoch die allgemeinen rechtlichen Regeln. Stiftungsorgane müssen beachten, dass der konkrete satzungsmäßige Zweck jeder Stiftung das Maß allen Handelns des Vorstands und des Kuratoriums bildet (vgl. stellvertretend zum Beispiel § 4 Abs. 3 StiftG NRW). Vorsicht ist angebracht: Was eine Stiftung steuerlich außerhalb der eigenen Satzungszwecke darf, ist stiftungsrechtlich noch lange nicht erlaubt. Wer als Stiftungsorgan Mittel für andere als satzungsmäßige Zwecke einsetzt, kann u.U. sogar persönlich zur Verantwortung gezogen werden. Das gilt auch dann, wenn man eigentlich nur Gutes tun will. 

Wie können sich Stiftungsvorstände und Stiftungskuratorien möglichst rechtssicher verhalten und dennoch helfen? Nachfolgend geben wir einige Empfehlungen: 

(1) Wenn Stiftungsorgane Hilfe aus allgemeinen Stiftungsmitteln leisten wollen, sollten sie zuerst versuchen, einen Satzungszweck zu finden, der das zumindest ansatzweise deckt. Beispiel: Eine Stiftung, deren Zweck ausschließlich die Förderung von Kunst und Kultur im In- und Ausland ist, kann eher Kriegsopfern helfen, die im weitesten Sinne diesem Bereich zuzuordnen sind, als Mittel an ein Krankenhaus zu spenden.

(2) Wenn Stiftungsorgane nicht sicher sind, sollten sie für spätere Rückfragen (nicht nur der Stiftungsbehörde, sondern vor allem auch von Organnachfolgern) die Überlegungen dokumentieren, warum sie in der aktuellen Situation davon ausgegangen sind, sich noch innerhalb der Satzungszwecke zu bewegen. Notfalls können Stiftungsorgane auch begründen, dass sie der Überzeugung sind, dass es Aufgabe einer jeden Stiftung ist, ein gewisses Maß an sozialer Verantwortung zu tragen und in Notsituationen Hilfe zu leisten. Dokumentieren Sie möglichst auch, dass Sie nur Stiftungsmittel verwendet haben, die entbehrlich sind. Das gibt Ihnen zwar keine absolute Sicherheit, weil niemand genau sagen kann, wo die Grenze zwischen einem noch zulässigen Engagement von Stiftungen und einer sog. verdeckten Zweckänderung zu sehen ist (vgl. dazu z.B. Hüttemann, DB 2016 S. 429, 431), bietet aber eine Argumentationsgrundlage.

(3) Alternativ können Stiftungen auch entsprechend den steuerlichen Vorgaben (Abschn. I.2 des o.g. BMF-Schreibens) zusätzliche Spenden sammeln und ausdrücklich im Vorhinein kennzeichnen, dass diese einem anderen als dem eigentlichen Satzungszweck der Stiftung dienen sollen. Zuvor sollte aber unbedingt mit der zuständigen Stiftungsbehörde abgestimmt werden, ob und unter welchen Bedingungen sie dies ausnahmsweise unbeanstandet lässt. In Ihrer Bereitschaft, insoweit im Ergebnis auch stiftungsrechtlich zu ermöglichen, was steuerlich ausdrücklich für zulässig erklärt wurde, sind viele Stiftungsbehörden allerdings eher zurückhaltend.

Zusätzliche Möglichkeiten nach Vereins- und GmbH-Recht

Auch das für Vereine und gemeinnützige GmbH geltende Zivilrecht erlaubt nicht automatisch alles, was das Steuerrecht ermöglicht. Neben den für Stiftungsorgane geltenden Möglichkeiten besteht bei Vereinen und GmbH die zusätzliche Option, dass die Mitglieder oder die Anteilseigner dem Vereinsvorstand oder der Geschäftsführung ausdrücklich erlauben, die Satzungszwecke zu überschreiten. Diese Erlaubnis sollten sich Organe unbedingt auch erteilen lassen. Da Hilfe i.d.R. schnell geleistet werden muss und Mitgliederversammlungen einen gewissen zeitlichen Vorlauf benötigen (z.B. Einladungsfristen), können Vereinsvorstände sich die Zustimmung der Mitglieder auch nachträglich einholen. Da sie bis zum Vorliegen der Genehmigung außerhalb ihrer Kompetenzen handeln und Haftungsrisiken unterliegen, müssen sie sich allerdings darauf verlassen können, dass die Mitglieder einen entsprechenden Beschluss fassen werden.

Bei GmbH mit überschaubarem Gesellschafterkreis ist es oft einfacher, formlose Beschlussverfahren anzuwenden, die sehr schnell erledigt werden können, zumindest in den (vielen) Fällen, in denen die Gesellschaftsverträge das vorsehen.

Hinweis: Allgemein ist es für gemeinnützige Stiftungen, Vereine oder GmbH, die sich mit den Ukraine-Hilfen nicht innerhalb der eigenen Satzungszwecke bewegen, i.d.R. einfacher und sicherer, über inländische gemeinnützige Einrichtungen mit passenden Satzungszwecken Hilfe zu leisten. Ganz besonders gilt dies, wenn Hilfe direkt vor Ort in der Ukraine geleistet werden soll.

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