Zum Inhalt springen

Sie sind hier:

Steuerfreie Einlagenrückgewähr von ausländischen Kapitalgesellschaften

Ein Anteilseigner kann Bezüge grundsätzlich steuerfrei vereinnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem sog. steuerlichen Einlagekonto (§ 27 KStG) als verwendet gelten. Das gilt unter bestimmten Voraussetzungen auch für Körperschaften, die in anderen EU-Mitgliedstaaten steuerpflichtig sind. Mittels dazu ergangener Rechtsprechung ist der Anwendungsbereich der Steuerfreiheit auch auf Drittstaatengesellschaften ausgedehnt worden. Der BFH hat diese Rechtsprechung in einem kürzlich veröffentlichten Urteil noch einmal bestätigt und dabei auch zu den Unterschieden der Nachweismöglichkeiten einer Einlagenrückgewähr für Gesellschaften aus der EU bzw. aus Drittstaaten Stellung genommen.

Grundsätzliche Problembeschreibung und Regelungen für inländische Kapitalgesellschaften 

Die steuerliche Privilegierung der Rückzahlung von Nennkapital sowie von Einlagen durch eine Kapitalgesellschaft beim Anteilseigner ist aus systematischen Gründen erforderlich, weil die Einzahlung dieser Beträge bei diesem keinen steuerlich abziehbaren Aufwand verursacht hat. Aus Sicht des Anteilseigners haben sich bei der Einzahlung lediglich die Anschaffungskosten für seine Anteile an der Gesellschaft erhöht. Dementsprechend sind eine Rückzahlung von Nennkapital bzw. eine Einlagenrückgewähr grundsätzlich erfolgsneutral mit den Anschaffungskosten der Anteile zu verrechnen.

Eine Ausnahme gilt für Nennkapital, welches durch eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln unter Verwendung von Gewinnrücklagen entstanden ist. Solche Bestandteile des Nennkapitals sind für steuerliche Zwecke gesondert festzustellen (sog. Sonderausweis). Ihre Rückzahlung wird wie eine Ausschüttung von Gewinnrücklagen behandelt. Während die Rückzahlung von Nennkapital unmittelbar als steuerfrei behandelt werden kann, ist bei der Rückzahlung von Einlagen im Rahmen einer Gewinnausschüttung eine bestimmte Verwendungsreihenfolge zu beachten; dabei muss vorrangig der sog. ausschüttbare Gewinn verwendet werden. Weiterhin ist die steuerfreie Rückzahlung von Einlagen auf den Betrag beschränkt, der im Rahmen einer gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos ermittelt worden ist. 

Hinweis: Ein weiterer steuerlicher Vorteil der Rückzahlung von Nennkapital sowie von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagekonto besteht darin, dass die ausschüttende Gesellschaft keine Kapitalertragsteuer einzubehalten hat. Voraussetzung ist, dass die ausschüttende Gesellschaft dem Anteilseigner die Verwendung von Mitteln aus dem steuerlichen Einlagekonto zutreffend und zeitnah in einer Steuerbescheinigung bescheinigt. 

Einlagenrückgewähr von EU-Kapitalgesellschaften

Da die Regelungen zur Feststellung des steuerlichen Einlagekontos in § 27 Abs. 1-6 KStG nur für in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften gelten, bestand jahrelang das Problem, dass ausländische Kapitalgesellschaften verfahrensrechtlich gar nicht in der Lage waren, die Verwendung von Beträgen aus einem steuerlichen Einlagekonto zu bescheinigen. Folglich konnten inländische Anteilseigner auch nicht von der Steuerfreiheit einer Einlagenrückgewähr ausländischer Kapitalgesellschaften profitieren. Dies ist vor allem auf EU-rechtliche Bedenken gestoßen.

Daher wurde durch das SEStEG in 2006 ein eigenes Feststellungsverfahren für EU-Kapitalgesellschaften geschaffen (§ 27 Abs. 8 KStG). Der als Einlagenrückgewähr zu berücksichtigende Betrag wird auf Antrag der ausländischen Kapitalgesellschaft gesondert festgestellt. Die nicht verlängerbare Antragsfrist ist allerdings knapp bemessen und läuft nur bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr der Einlagenrückgewähr folgt.

In der Praxis erweist sich die Antragstellung oft als sehr aufwendig, weil die Finanzverwaltung hohe Anforderungen an die Nachweise stellt. Im Extremfall kann das bedeuten, dass die ausländische Kapitalgesellschaft ihr Eigenkapital in einer Art Schattenrechnung nach deutschen steuerbilanziellen Grundsätzen rückwirkend ab dem 1.1.1977 (Einführung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens in Deutschland) entwickeln muss.

Obwohl dies nicht im Einklang mit dem Wortlaut von § 27 Abs. 8 KStG steht, will die Finanzverwaltung auch Kapitalgesellschaften mit Sitz in EWR-Staaten in den Anwendungsbereich dieses Verfahrens einbeziehen.

Einlagenrückgewähr von Kapitalgesellschaften in Drittstaaten

Die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Regelungen über die Einlagenrückgewähr auf im Inland und in EU-Mitgliedstaaten ansässige Kapitalgesellschaften verstößt nach einem Urteil des BFH vom 13.7.2016 (Az.: VIII R 47/13) sowohl gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG als auch gegen die für Drittstaaten geltende Kapitalverkehrsfreiheit im EU-Recht. Der BFH hat daher dem Anteilseigner von Kapitalgesellschaften in Drittstaaten die Möglichkeit eingeräumt, in ihrem eigenen Veranlagungsverfahren nachzuweisen, dass es sich bei einer Ausschüttung der Tochtergesellschaft um eine Einlagenrückgewähr handelt. Diese Rechtsprechung hat der BFH dann in seinem Urteil vom 10.4.2019 (Az.: I R 15/16) bestätigt.

Für den Anteilseigner einer Nicht-EU-Kapitalgesellschaft besteht gegenüber der Anwendung von § 27 Abs. 8 KStG der entscheidende Vorteil dieser Rechtsprechung darin, dass er nicht an die knapp bemessene Ausschlussfrist gebunden ist. Die praktischen Schwierigkeiten in der Nachweisführung können allerdings im Einzelfall ähnlich hoch sein. Ob z.B. Steuerbilanzen in analoger Anwendung von deutschem Recht aufzustellen sind, hat der BFH offengelassen.

In einem kürzlich veröffentlichten weiteren Urteil zu dieser Thematik vom 27.10.2020 (Az.: VIII R 18/17), in dem es um eine Tochtergesellschaft in Österreich ging, hat der BFH festgestellt, dass das Nebeneinander des Feststellungsverfahrens nach § 27 Abs. 8 KStG einerseits und der Rechtsprechung zur Einlagenrückgewähr aus Drittstaaten andererseits keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darstellt. Dem Urteil kann aber auch entnommen werden, dass die fehlende individuelle Nachweismöglichkeit einer Einlagenrückgewähr im Rahmen des Veranlagungsverfahrens des Anteilseigners in EU-Fällen möglicherweise gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen könnte. 

Empfehlung: Die genannten BFH-Urteile sind bisher nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden, d.h. sie werden von der Finanzverwaltung nicht allgemein angewendet. Sofern bei Ihnen Sachverhalte mit einer Einlagenrückgewähr aus dem Ausland bereits verwirklicht worden sind oder geplant werden, können die Möglichkeiten zur Nutzung der jüngeren Rechtsprechung geprüft werden.

Zurück zur Übersicht
Zurück zum Seitenanfang