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„Leave to stay“ oder die Baby-, Krankheits-, Pflegepause des Geschäftsführers (m/w/d)

Am 11.6.2021 wurde der Gesetzentwurf zur „Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ (FuPoG II) vom Bundestag verabschiedet. Quasi nebenbei wurde auch eine Neuregelung in Fällen der Baby-, Krankheits-, Pflegepause eingebracht.

Einführung einer Frauen- und Männerquote in Geschäftsführung und Vorstand

Sofern die Geschäftsführung bzw. der Vorstand einer GmbH, Aktiengesellschaft oder SE aus mehr als drei Personen besteht, sind mindestens eine Frau und mindestens ein Mann in das Vertretungsorgan zu bestellen. Bei einer Quotenverfehlung ist die Bestellung nichtig. Diese zwingende Quote gilt jedoch nur für Gesellschaften, die entweder börsennotiert oder nach dem Mitbestimmungsgesetz paritätisch mitbestimmungspflichtig sind.

Weitere Neuerung in Bezug auf Mutterschafts-, Elternzeit- oder Pflegepause

Im Windschatten der oben dargestellten Quote ist durch eine kurzfristige Beschlussempfehlung mit breiter Mehrheit jedoch noch eine weitere Änderung eingeführt worden, deren Auswirkungen nicht weniger spektakulär sind: ein zwingender Anspruch des Geschäftsführers auf eine Mutterschafts-, Elternzeit- oder Pflegepause, und zwar unabhängig davon, ob der betreffende Geschäftsführer sozialversicherungsrechtlich Arbeitnehmer oder beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer ist.

Hinweis: Zu erinnern ist an das Mutterschutzgesetz, das bereits für Fremdgeschäftsführerinnen gilt, wenn sie sozialversicherungspflichtig sind.

Umgesetzt wird die Neuregelung durch einen Anspruch auf Aussetzung der organschaftlichen Bestellung. Hierzu heißt es in einem neuen Abs. 3, der § 38 GmbHG angefügt werden soll: „Der Geschäftsführer hat das Recht, um den Widerruf seiner Bestellung zu ersuchen, wenn er wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit seinen mit der Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen kann und mindestens ein weiterer Geschäftsführer bestellt ist. Macht ein Geschäftsführer von diesem Recht Gebrauch, muss die Bestellung dieses Geschäftsführers widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Abs. 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes genannten Schutzfristen zugesichert werden (…).“

Für die anderen Rechtsformen der Aktiengesellschaft bzw. der SE sind entsprechende Ergänzungen in § 84 AktG bzw. § 40 SEAG vorgesehen.

Hinweis: Die Neuregelung gilt für alle GmbH, also auch die kleine Komplementär-GmbH einer Handwerker-GmbH & Co. KG.

Praktische Bedeutung

Der Geschäftsführer (m/w/d) kann folglich für die gewünschte Auszeit einen Widerruf der Bestellung und anschließend eine Neubestellung verlangen. Sinn der Sache ist, dass in der Zeit der Freistellung die organschaftlichen Pflichten des Geschäftsführers erlöschen. So treffen ihn in dieser Zeit z.B. keine Pflichten zur Insolvenzantragsstellung und auch nicht die aus deren Verletzung folgenden Haftungsrisiken.

In Fällen des Mutterschutzes kann die Gesellschafterversammlung bzw. der Aufsichtsrat den Wunsch der Geschäftsführung nicht ablehnen, in den Fällen der Elternzeit, Krankheit oder der Pflege kann das Bestellungsorgan immerhin aus wichtigem Grund dem Ansinnen widersprechen.

Fazit: Dies ermöglicht im Falle der endgültigen Gesetzesverabschiedung neue Strategien, beispielsweise in der Unternehmenskrise: Geschäftsführer/innen können sich damit zukünftig quasi selbst für 14 Wochen (Mutterschaftsschutz) oder bis zu drei Monate (bei Krankheit oder wegen Elternzeit oder Pflegezeit) aus den Dienstpflichten verabschieden und diese dem möglicherweise allein verbleibenden einzigen Geschäftsführer aufbürden.

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