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Konzerninterne Darlehen – national und international

Bei der Gründung von Tochtergesellschaften stellt sich stets die Frage, ob eine Ausstattung mit Eigenkapital oder Fremdkapital sinnvoller ist. Gerade im Mittelstand ist die Fremdkapitalausstattung dabei meist nicht steuerlich, sondern wirtschaftlich motiviert. Die Flexibilität in der Gewährung und Rückzahlung der Darlehen sowie geringere Formvorschriften überzeugen wirtschaftlich. Steuerliche Grundsätze sind dennoch zu beachten: Hier führt die unklare Rechtslage zu Doppelbesteuerungsrisiken. Der Beitrag gibt einen kurzen, aktuellen Über- und Ausblick auf Gestaltungsfragen bei konzerninternen Darlehen.

Grundtypen der Vertragsgestaltung

Grundsätzlich können die Vertragsparteien frei regeln, wie sie ihre Darlehensverträge gestalten und welche Darlehensbedingungen sie darin vereinbaren. Das Steuerrecht setzt sich aber dann über das Zivilrecht hinweg, wenn missbräuchliche Gestaltungen drohen: In solchen Fällen wird dann 

  • entweder das zivilrechtliche Darlehensverhältnis dem Grunde nach negiert und mit all seinen Folgen steuerlich Eigenkapital statt Fremdkapital (1. Stufe) unterstellt 
  • oder es werden die zivilrechtlich getroffenen Vereinbarungen für steuerliche Zwecke angepasst und anstatt der vereinbarten Zinsen nur angemessene Zinsen zum Betriebsausgabenabzug zugelassen (2. Stufe). 

Fiktiver Maßstab ist dabei stets der „Fremdvergleich“, also was ein „ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter“ vereinbaren würde. Relevant ist, ob Kredithöhe und Kreditlaufzeit sowie Sicherheiten und Kreditwürdigkeit des Schuldners fremdvergleichsüblich geregelt worden sind. Allerdings in unterschiedlicher Ausprägung: Zu differenzieren ist zwischen 

  • Darlehensverhältnissen, die rein national ohne Auslandsbezug eingegangen werden, und 
  • grenzüberschreitenden Sachverhalten, die regelmäßig weitergehenden und strengeren Anforderungen unterliegen. 

Hinweis: Im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen wird nicht auf die Thin-Cap Rule (sog. „Zinsschranke“ gem. § 4h EStG) sowie die steuerlichen Folgen bei kompletter Unverzinslichkeit von Darlehen eingegangen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG). 

Nationale Sachverhalte

Bei (rein) nationalen Sachverhalten ist das Darlehensverhältnis lediglich an den Kriterien einer verdeckten Einlage (vE) bzw. verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) zu messen. 

Dass in der Stufe 1 die Darlehensgewährung in voller Höhe in eine Eigenkapitalhingabe umqualifiziert wird, ist wohl auf seltene Fälle beschränkt, in denen die Rückzahlung gar nicht gewollt ist. Die Umqualifizierung einer Darlehensgewährung von Gesellschaftern an die Gesellschaft in eine vE hat der BFH weitgehend verneint (BFH vom 11.7.2017, Az.: IX R 36/15). Selbst in der Krise gewährte oder stehengelassene Darlehen begründen downstream keine steuerrechtliche Negierung des Darlehensverhältnisses. Unterschiedliche Auffassungen gibt es bei dieser Konstellation regelmäßig auf Stufe 2 in Bezug auf den angemessenen Zinssatz. Zahlt die Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern zu hohe Zinsen, liegt eine vGA vor. Zu niedrige Zinszahlungen an die Gesellschafter sind i.d.R. aber kein Problem, ebenso wenig wie Fälle, in denen die Gesellschafter ihrer Tochtergesellschaft einen überhöhten Zinssatz zahlen. 

Empfehlung: Im nationalen Sachverhalt wird der downstream-Sachverhalt anders behandelt als der upstream-Sachverhalt. Das ist auch für Gestaltungszwecke interessant, wenn beispielsweise von Drittbedingungen gezielt im Rahmen der Nutzung von Verlustvorträgen oder zur Quellensteueranrechnung abgewichen wird. 

Regelungslage im grenzüberschreitenden Fall

Im grenzüberschreitenden Fall werden die nationalen Regelungen ergänzt um § 1 AStG. Danach müssen alle Darlehensgewährungen dem Fremdvergleich standhalten, dies ohne Unterscheidung in upstream oder downstream. § 1 AStG wirkt dabei nach weitläufiger Meinung bislang lediglich auf Ebene der 2. Stufe auf die Höhe des Zinssatzes. 

Hinweis: Bei der Verrechnungspreisbildung gilt die Regel, dass höhere Risiken mit einem höheren Zinssatz verbunden sind. Bei konzerninternen Darlehen, bei denen häufig ein Rangrücktritt, flexible Laufzeiten und keine Sicherheiten vereinbart sind, führt dies aber zu einem bislang ungelösten Paradoxon: Je mehr das konzerninterne Darlehen eine strukturelle Nähe zum Eigenkapital aufweist, desto höher ist der für das Darlehen anzusetzende Zinssatz.

Dieses Problem zeigt aber auch, dass der Zinssatz eines konzerninternen Darlehens einem Fremdvergleich in vielen Fällen nur schwer zugänglich ist, zumal konzerninterne Darlehen häufig auch mit gesellschaftsrechtlichen Interessen verbunden sind. Eine externe Finanzierung ist dann teilweise aufgrund der wirtschaftlichen Lage kaum mehr möglich. Der EuGH hat das erkannt und in der Rs. Hornbach (Urteil vom 31.8.2018, Az. C-382/16) explizit eingeräumt, konzernintern auch fremdunübliche Vereinbarungen für steuerliche Zwecke zuzulassen, wenn hierfür wirtschaftliche Gründe angeführt werden können.

Der BFH hat indes in einem viel beachteten Urteil vom 27.2.2019 (Az.: I R 73/16) neue Grundsätze aufgestellt. Bei einem Ausfall will der BFH einen gewinnmindernden Abzug nicht gelten lassen, was einer Korrektur auf der 1. Stufe und damit faktisch letztlich einer Umqualifizierung des Darlehensverhältnisses in eine Eigenkapitalzuführung gleichkommt. Konsequent wäre es dann, auf der 2. Stufe für steuerliche Zwecke zumindest auch keine Zinszahlungen zu fordern. Diese Schlussfolgerung zieht der BFH allerdings nicht. 

Die vorgenannten Rechtsfolgen will der BFH bei allen nicht fremdvergleichsüblich vereinbarten Darlehen gelten lassen. Er hat hier insbesondere nicht besicherte Darlehen im Blick.

Hinweis: Interessanterweise setzt sich der BFH kaum damit auseinander, ob sein Urteil mit den EuGH-Ausführungen in der Rs. Hornbach vereinbar ist, was in einem  ungewöhnlichen Schritt nun das Bundesverfassungsgericht gerügt hat (BVerfG-Entscheidung vom 4.3.2021, Az.: 2 BvR 1161/19). 

Geplante Änderungen für den grenzüberschreitendenden Fall

Diese unklare Regelungslage im grenzüberschreitenden Fall soll mit der Einführung eines § 1a AStG beseitigt werden. Zwar ist die Neuregelung in keinem aktuellen  Regierungsentwurf mehr enthalten, die Umsetzung wird aber allenfalls aufgeschoben sein. Dabei orientiert sich die neue Regelung nach dem Willen des Gesetzgebers an den Vorgaben der OECD (Art. X der OECD-VPR).

Im Rahmen einer solchen Neuregelung müsste zunächst in der 1. Stufe dargelegt werden, dass der Schuldner den Kapitaldienst überhaupt erbringen kann und er die Finanzierung wirtschaftlich benötigt. Andernfalls werden die Zinsen bereits dem Grunde nach nicht zum Abzug zugelassen, was für Zwecke der Verrechnungspreise eine Umqualifizierung von Fremdkapital in Eigenkapital bedeutet. Auf der 2. Stufe, also bei der Bemessung des Zinssatzes, ist neben anderen Faktoren (wie z.B. Zweck des Darlehens, regulatorischen Rahmenbedingungen, Laufzeit, Währungsrisiken oder Darlehensvolumen) ins-besondere das Debitorenrisiko des Darlehensnehmers zu berücksichtigen, da dieses den Zinssatz erheblich beeinflusst. Maßgebend ist dabei grundsätzlich die Bonität der gesamten Unternehmensgruppe, nicht der einzelnen Gesellschaft. 

Empfehlungen: Grenzüberschreitende konzerninterne Darlehensbeziehungen sollten dem Fremdvergleich standhalten. Das gilt nicht nur für die Höhe des Zinssatzes, sondern auch für die weiteren Bestandteile des Darlehensvertrags, insbesondere hinsichtlich der Sicherheiten. Es ist zu empfehlen, die Zinssätze durch entsprechende Benchmark-Vergleiche zu ermitteln. 

Vor allem Konzerne mit grenzüberschreitenden Finanzierungen sollten die weitere Entwicklung im Hinblick auf die geplanten Veränderungen der Rechtslage genau im Auge behalten und ggf. bereits bestehende Verträge einer nochmaligen Prüfung auf Anpassungsbedarf unterziehen. 

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