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Jahressteuergesetz 2020: Wichtige Änderungen im Einkommensteuerrecht

Schon im September hat der Bundestag den Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020 beschlossen (BT-Drucks. 19/22850). Jedoch konnte das Gesetz auch Ende November den Bundesrat noch nicht passieren. Strittig sind insbesondere die Ausdehnung des Verlustrücktrags, Erbschaftsteuerthemen sowie die Neuregelung des Gemeinnützigkeitsrechts. Im Folgenden werden nur Neuregelungen des Einkommensteuerrechts dargestellt, deren Verabschiedung weitgehend sicher sein dürfte. Im Januar folgt dann die Fortsetzung mit Neuregelungen im Rahmen der anderen Steuerarten.

Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen nach § 7g EStG

Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG (IAB) gewähren Liquiditätserleichterungen durch die Vorverlagerung von Abschreibungspotential in ein Wirtschaftsjahr vor der Anschaffung begünstigter Wirtschaftsgüter. Mit einer umfassenden Umarbeitung des § 7g EStG sollen eine „zielgenauere“ Ausgestaltung und Verbesserung des Ansatzes von IAB sowie eine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung erreicht werden. Im Einzelnen:

(1) Im Jahr der Investition und im Folgejahr vermietete Wirtschaftsgüter können künftig begünstigt werden. Das gilt unabhängig von der Dauer der jeweiligen Vermietung und auch dann, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut an einen anderen eigenen Betrieb vermietet. Soweit Mieten nicht dem Fremdvergleich entsprechen, erfolgt der Ausgleich unabhängig von § 7g EStG über die bestehenden Regelungen (z.B. verdeckte Gewinnausschüttungen).

(2) Die nach § 7g EStG begünstigten Investitionskosten werden von 40% auf 50% angehoben. Durch die erweiterte Investitionsförderung wird der Liquiditätsgewinn der anspruchsberechtigten Unternehmen weiter gesteigert und die Regelung gewinnt deutlich an Attraktivität.

(3) Künftig gilt eine für alle Einkunftsarten einheitliche Gewinngrenze i.H.v. 150.000 € als Voraussetzung für die Inanspruchnahme von IAB. Die Regelung ersetzt die Merkmale 235.000 € (Betriebsvermögen von Bilanzierern), 125.000 € (Wirtschaftswert bei Land- und Forstwirten) und 100.000 € (Gewinn von EinnahmenÜberschussrechnern).

(4) Bisher können IAB auch nach der Steuerfestsetzung beantragt werden – beispielsweise im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung. Dies soll verhindert werden, da der Zweck des § 7g EStG sei, künftige Investitionen zu erleichtern, und nicht darin bestehe, bereits erfolgte, offenbar ausreichend finanzierte Investitionen nachträglich zu begünstigen. Künftig können IAB im Falle der nachträglichen Bildung nur für Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter angesetzt werden, die zum Zeitpunkt der Geltendmachung noch nicht angeschafft worden sind.

Hinweis: Die Neugestaltung belastet aktuell mit den wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie kämpfende Unternehmen. Gerade in 2020 und 2021 wäre die Liquiditätsentlastung mittels einer nachträglichen Inanspruchnahme von IAB bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie durchaus wünschenswert. Die BStBK hat daher die Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts der Neuregelung gefordert.

(5) Eine Ergänzung in § 7g Abs. 7 EStG stellt klar, dass abweichend von der BFH-Rechtsprechung die Hinzurechnung von IAB nur in dem Vermögensbereich zulässig ist, in dem der Abzug erfolgt ist. Wird beispielsweise ein IAB im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers einer Personengesellschaft geltend gemacht, kann der Abzugsbetrag auch nur für Investitionen dieses Mitunternehmers in seinem Sonderbetriebsvermögen verwendet werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die Steuererleichterung nur demjenigen gewährt wird, der auch tatsächlich Investitionen tätigt.

Hinweis: Diese geplante Neuregelung ist eine Reaktion auf den BFH-Beschluss vom 15.11.2017 (BStBl 2019 II S. 466), wonach eine begünstigte Investition i.S. von § 7g EStG auch dann vorliegt, wenn der IAB vom Gesamthandsgewinn abgezogen wurde, die spätere Investition allerdings im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters erfolgt.

(6) Die Begünstigung von vermieteten Wirtschaftsgütern für die Inanspruchnahme des IAB soll gleichermaßen auch für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG gelten. Auch die einheitliche Gewinngrenze gilt für die Inanspruchnahme von solchen Sonderabschreibungen.

(7) Die auf 50% erhöhten IAB, die geänderten Nutzungsvoraussetzungen sowie die einheitlichen Gewinngrenzen sollen erstmals für IAB und Sonderabschreibungen gelten, die in nach dem 31.12.2019 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden. Im Fall abweichender Wirtschaftsjahre, die vor dem 17.7.2020 enden, können ggf. die alten Betriebsgrößenmerkmale berücksichtigt werden. Dieses Wahlrecht kann für IAB und Sonderabschreibungen nur einheitlich ausgeübt werden.

(8) Die einschränkenden Regelungen zur Verwendung von nachträglich beanspruchten Abzugsbeträgen und im Bereich der Personengesellschaften sollen erst bei IAB anzuwenden sein, die in nach dem 31.12.2020 endenden Wirtschaftsjahren geltend gemacht werden.

Zusätzlichkeitsvoraussetzung bei Arbeitgeberleistungen

In § 8 EStG soll gesetzlich definiert werden, unter welchen Voraussetzungen Leistungen des Arbeitgebers „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht werden. Hintergrund ist, dass zahlreiche steuerbegünstigende Normen des EStG die jeweilige Steuervergünstigung an die Tatbestandsvoraussetzung knüpfen, dass eine bestimmte Arbeitgeberleistung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht wird. Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung sollen explizit von der Steuerbegünstigung ausgeschlossen werden.

Der Gesetzgeber reagiert damit aktuell auf entgegenstehende Urteile des BFH (vom 1.8.2019, Az.: VI R 32/18, VI R 21/17 und VI R 40/17). Nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers können künftig steuerbegünstigt sein. Die Leistungen dürfen u.a. nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet werden und der Anspruch auf Arbeitslohn darf nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt werden.

Aufwendungen bei der verbilligten Wohnraumvermietung

Um steuerliche Nachteile für Vermieter zu vermeiden, die im Interesse des Fortbestands langjähriger Mietverhältnisse davon Abstand nehmen, regelmäßig zulässige Mieterhöhungen vorzunehmen, sollen die Spielräume vergrößert werden, bei denen trotz moderater Mietgestaltungen ein Abzug der Werbungskosten von den Mieteinnahmen möglich bleibt.

Bei einer verbilligten Überlassung einer Wohnung zu weniger als 66% der ortsüblichen Miete ist eine Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlich und einen unentgeltlich vermieteten Teil vorzunehmen; nur auf den entgeltlich vermieteten Teil können anteilig Werbungskosten abgezogen werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, diese Aufteilungsgrenze auf 50% der ortsüblichen Miete herabzusetzen. Unverändert wird eine nicht näher nachweispflichtige Einkünfteerzielungsabsicht ab einem vereinbarten Mietzins von mindestens 66% der ortsüblichen Miete angenommen.

Künftig wäre bei Entgelten zwischen 50% und 66% der ortsüblichen Miete eine Totalüberschussprognoseprüfung vorzunehmen. Gelingt die Totalüberschussprognose, ist für die verbilligte Wohnraumüberlassung der volle Werbungskostenabzug möglich. Andernfalls ist von einer Einkünfteerzielungsabsicht nur für den entgeltlich vermieteten Teil auszugehen – mit der Folge des (nur) anteiligen Werbungskostenabzugs.

Steuerbefreiung der Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld

Der durch das Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.6.2020 (BGBl 2020 I S. 1385) eingeführte § 3 Nr. 28a EStG sieht in seiner aktuellen Fassung eine begrenzte und befristete Steuerbefreiung der Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld vor. Die Befristung soll um ein Jahr verlängert werden. Die Steuerfreiheit gilt damit für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.1.2022 enden.

Automatischer Datenaustausch über Beiträge für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflege-Pflichtversicherung

Seit 2009 wird der Lohnsteuerabzug bei nichtselbständig Beschäftigten automatisiert anhand von Lohnsteuerabzugsmerkmalen geregelt. Zu Lohnsteuerabzugsmerkmalen gehören z.B. die Lohnsteuerklasse oder etwaige Kinderfreibeträge. Durch das JStG 2020 wird mit der Höhe der monatlichen Beiträge zu privaten Kranken- und Pflegeversicherungen ein weiteres Lohnsteuermerkmal eingeführt; dies gilt für Fälle, in denen von Arbeitgebern steuerfrei zu gewährende Zuschüsse vorliegen, und für solche, in denen die Beiträge als Sonderausgaben abziehbar sind.

Die Regelung soll bürokratischen Aufwand mindern. Sie ist als Pilotverfahren für einen künftigen umfassenden Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung konzipiert. Im Rahmen dieses Pilotprojekts soll das Verfahren mit ausgewählten Versicherungsunternehmen und Arbeitgebern mit Echtdaten erprobt werden, um belastbare Ergebnisse für den späteren Regelbetrieb zu gewinnen. Ab dem 1.1.2024 soll das Verfahren verbindlich anzuwenden sein.

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